Von Shopping- und Streaming-Diensten über Social-Media- und Smartphone- Apps bis hin zu intelligenten Alltagshelfern: Digitale Produkte sind allgegenwärtig und immer enger mit den realen menschlichen Lebenswelten verwoben.
Neben all den Vorzügen und neuen Möglichkeiten, die diese Produkte mit sich bringen, werfen sie dennoch gesellschaftsethische Fragen auf: Mit welchen Konsequenzen ist jeder Einzelne, aber auch die Gesellschaft, durch den täglichen Umgang mit digitalen Produkten konfrontiert? Und wie können diese neuen Technologien sinnhaft und nachhaltig in den Lebensalltag integriert werden?
Die problematischen Seiten digitaler Produkte haben uns Akteure wie Ex-Google-Mitarbeiter Tristan Harris mit seiner Bewegung »Time-Well-Spent« und Filme wie »The Social Dilemma« mittlerweile vor Augen geführt. Auch wenn manche dieser Darstellungen eher dystopisch erscheinen und mögliche Folgen etwas überspitzt dargestellt werden, gewinnt man in der öffentlichen Debatte den Eindruck, dass die negativen Effekte der Digitalisierung nicht außer Acht gelassen werden sollten.
Don't be evil. And stay healthy.
Gesundheit wird heutzutage im Allgemeinen nicht mehr nur als bloße Abwesenheit von Krankheit, sondern als Zustand holistischen Wohlbefindens verstanden. Da digitale Produkte, insbesondere Social Media, nachweislich Suchtfaktoren beinhalten und psychische Probleme zu fördern scheinen, wird hieraus ein konkreter Handlungsbedarf ersichtlich.
Diverse Health-Trends der letzten Jahre, wie z.B. Yoga, Vegetarismus und Veganismus als auch die zunehmende Präsenz von Achtsamkeits- oder Digital-Detox-Angeboten, sind mittlerweile wegweisend und längst im Main Stream angekommen. Es erscheint daher zeitgemäß, Faktoren zum Erlangen des Wohlbefindens in die Entwicklung digitaler Produkte mit einzubeziehen.
Und täglich manipuliert das Murmeltier
Einige psychologisch bedenkliche Effekte digitaler Technologien auf den Menschen sind (vermutlich) unbeabsichtigt entstanden, haben sich quasi "einfach so entwickelt" – wie beispielsweise die exzessive Nutzung des Smartphones. Andere wiederum geschahen mit voller Absicht, also "by design". Hierzu zählen beispielsweise Websites oder Apps, die variable Belohnungen in ihr Angebot einbauen, um von der manipulierenden Wirkung solcher neuropsychologischen Effekte zu profitieren.
Böser formuliert: Smartphones und Apps nutzen oftmals systematisch und gezielt unsere psychologische Schwachstellen aus. So arbeitet beispielsweise die Pull-to-Refresh-Funktion, wie wir sie von unseren Social-Media-Feeds kennen, nach dem gleichen Prinzip wie Spielautomaten: Wir betätigen den Hebel und hoffen auf eine variable Belohnung in Form von Bildern, Nachrichten, Informationen, Likes, Freundschaftsanfragen oder, oder, oder.
Es kann davon ausgegangen werden, dass UX-Design in weiten Teilen direkten Einfluss auf das Wohlbefinden haben kann.
Mit großer Macht kommt große Verantwortung
Designer erzielen mit den digitalen Produkten, die sie täglich erschaffen, heutzutage innerhalb kürzester Zeit enorme Reichweiten und verändern mehr und mehr Entscheidungen und Verhaltensweisen vieler Menschen. Das bringt eine wachsende Verantwortung mit sich. Jedoch lässt sich die Verantwortung nicht allein auf die Designer bzw. Umsetzer abwälzen. Es ist vielmehr ein Wechselspiel zwischen Stakeholdern, Designern und den Nutzern selbst, die zu guter Letzt entscheiden, welche Produkte sie wie – und ob überhaupt – verwenden wollen.
Die Frage ist also: Wie lassen sich digitaler Fortschritt, begeisterndes Marketing und ethischer Anstand unter einen Hut bringen? Genau hier kommt das "User Experience Design" ins Spiel, dass auf diese Frage die bislang solideste Grundlage für einen nutzerzentrierten Gestaltungsansatz bietet. Als Ableger des "Human Centered Designs" stellt das UX-Design vor dem Unternehmensnutzen das individuelle Nutzerbedürfnis ins Zentrum der Aufmerksamkeit . Und leitet von diesem die richtigen Schlussfolgerungen für die Gestaltung der optimalen strukturellen, visuellen, inhaltlichen und technischen Nutzerführung ab.
Designen am offenen User-Herzen
Hierbei ist die UX-Geisteshaltung im Kern nicht berechnend, sondern empathisch; das Motiv nicht Manipulieren, sondern Erleichtern und Offerieren. Designte Wertschätzung sozusagen. Ziel: maximales Wohlbefinden beim User.
Erreicht werden kann dies vor allem auch durch das aktive Einbeziehen des Nutzers bereits während des Designprozesses.
Die diesem Vorgehen zugrunde liegende Annahme: Die direkte Einbeziehung aller Beteiligten in den UX-Designprozess erhöht von Beginn an die Chance, dass das Produkt die Werte und Überzeugungen der tatsächlichen Nutzer widerspiegelt. Und somit zu einer höheren Akzeptanz und emotionaler Identifikation führt. Und auf diese Weise letztlich zu mehr Wirksamkeit und Erfolg der Maßnahme.
Die emotionalen Wohlfühlfaktoren
Und da Wohlbefinden im Kern emotionale Einflussfaktoren hat, berücksichtigt UX-Design neben pragmatisch-rationalen vor allem auch neuropsychologische Aspekte bei der Gestaltung (digitaler) Produkte. Während freudig stimmende Erlebnisse unmittelbar Zufriedenheit erzeugen können, sind bedeutungsvolle, also langfristig wohlbefindensfördernde Erlebnisse oft nicht direkt als solche zu erkennen. Und entfalten ihre positiven Effekte erst über eine langfristigen Nutzungszeitraum – ähnlich wie das Fitnessstudio, das oftmals als eher "notwendiges Übel" auf dem Weges zu mehr Wohlbefinden wahrgenommen wird.
Folgende, aus der Neurowissenschaft und Bindungspsychologie abgeleiteten Bedürfnisse spielen für unser Wohlbefinden eine entscheidende Rolle. Diese gilt es, in einen erfolgreichen UX-Gestaltungsprozess mit einzubeziehen:
Dass sich trotz dieser erhöhten Erfolgswahrscheinlichkeit das UX-Design vielerorts noch nicht durchgesetzt hat, liegt im Wesentlichen an zwei Faktoren:
Erstens: Die Designer. Auf Designerseite mangelt es oft an Kenntnissen über wertebasierte Gestaltungsansätze. Oder an der nötigen Freiheit oder dem Mut zu deren Umsetzung. Doch selbst wenn Wille und Know-How vorhanden sind, ist dies noch keine Garantie für einen erfolgreichen Praxistransfer. Zu oft scheitert eine optimale Umsetzung an den komplexen interdisziplinären Prozessen der digitalen Produktentwicklung. Kurz: An der Kooperationsmöglichkeit, -willigkeit oder -fähigkeit der Organisation.
Zweites: Das Geschäftsmodell. Nutzer sind es in aller Regel gewohnt, Apps und Webseiten kostenlos zu konsumieren. Eine direkte Monetarisierung, also zahlungspflichtige digitale Angebote (bspw. durch eine Paywall), stößt daher nach wie vor weitestgehend auf Ablehnung. Und birgt daher die Gefahr schwindender User-Zahlen. Um diese Gefahr zu umgehen, weichen Unternehmen meist auf eine Finanzierung durch Werbung oder den Handel mit Nutzerdaten aus. Was wiederum – je nachdem, wie klug oder plump es gemacht wird, die User Experience negativ beeinflusst. Das Dilemma wird deutlich: In ihrem Bestreben, möglichst viele Nutzer möglichst lange an ihre Services zu binden – um Werbeeinnahmen zu generieren – schwächen Unternehmen durch diese Praxis die Usability und Nutzerfreude. Und konterkarieren so allzu oft ihr eigenes Vorhaben. Nicht, weil es an besseren UX-gerechteren Alternativen mangeln würde. Sondern weil UX meist am Ende eines Prozesses, quasi als Design-Garnierung, eingebunden wird. Nicht als strategisch fundamentaler Bestandteil kundenzentrierter Konzeption.
Fazit
Zwischen Theorie und Praxis existiert derzeit noch eine Kluft. Gut für Sie! Denn umso schneller können Sie sich mit klugen UX-Lösungen differenzieren und das Spiel für sich entscheiden. Wir helfen übrigens jederzeit gern dabei. :)
To be continued ...
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